Immer wieder die Abruzzen….

Immer wieder die Abruzzen….

Kann es sein, dass Landschaften süchtig machen? Von 2008 bis 2018 waren Jahr für Jahr DIG- und OVH-Mitglieder und -Freunde bei den Gruppenreisen dabei, viele der Mitreisenden immer wieder. Nur im Jahr 2019 wurde die Reihe der schon zur Tradition gewordenen Abruzzen-Exkursionen unterbrochen zugunsten von Hildesheims Partnerstadt Pavia und des Oltrepò Pavese, dem nördlichsten Zipfel des Apennin. (Da wollen wir natürlich auch wieder hin.) Nach dreijähriger Unterbrechung und Corona-Pause konnten wir nun im Mai die 12. Gruppenreise antreten. Bei einigen Abruzzo-Fans hatten sich schon Entzugserscheinungen bemerkbar gemacht, entsprechend hoch waren die Erwartungen der erfahrenen „Abruzzesi di Hildesheim“, aber auch der neuen. Mit achtzehn viaggiatori, zwölf „Wiederholungstätern“ und sechs partecipanti iniziali war dies die größte Gruppe der bisherigen Reisen, und dazu eine besonders aktive. Das febbre della partenza ging schon bei der Ankunft im Hotel Mazzocca in Caramanico Terme beim Bezug der frisch renovierten Zimmer zurück und verließ uns endgültig beim ersten üppigen Abendessen. Der erste halbe Tag war also schon ein voller Erfolg; und so ging es neun Tage lang weiter: Wunderbares Frühsommerwetter, eine außergewöhnlich üppig blühende Flora, wie wir sie in den Vorjahren in dieser Fülle noch nicht erlebt hatten, Krokus flächendeckend auf dem Campo Imperatore nur zwei Meter neben dem abtauenden Schnee, knapp hundert Meter weiter Felder von gelb und rot-violett blühendem Holunder-Knabenkraut, bunte Wiesen am Passo San Leonardo und rund um Roccacalascio.

Es macht Freude, bekannte Stätten wiederzusehen oder erstmals zu erleben, nach jüngsten Renovierungen „aus dem Ei gepellt“ San Clemente, Bominaco und Sulmona. Es macht Freude, bei allen Vorerfahrungen immer noch Neues zu entdecken, etwa das Ecomuseo del Paleolitico im Valle Giumentina und die Schwefelquellen im Parco Lavino am Fuße der Majella bei Scafa. Allein über diese beiden Exkursionsziele zu berichten, würde schon zwei Seiten des „Ponte“ füllen.

Die Reisegruppe im Ecomuseo del Paleolitico im Valle Giumentina

Die persönlichen Begegnungen mit den Abruzzesi habe ich als wesentlichen Bestandteil der Abruzzen-Reisen erlebt. Dott. Franco d’Horazio, den wir zufällig auf unserer ersten Reise 2008 kennen gelernt hatten, und seine Frau luden die ganze Gruppe zur Erholungspause in sein Landhaus in Madonna del Monte am Rande des Nationalparks ein, was vor allem von den Wanderern, die die Ortaschlucht – 180 Höhenmeter hinunter, auf der anderen Seite wieder herauf – durchquert hatten, besonders gern angenommen wurde, „Grazie, Franco!“ Nachmittags folgte dann eine zünftige Weinprobe bei den Brüdern Zaccagnini in Bolognano. Natürlich gab es Wein, Montepulciano d’Abruzzo, Rosato, Trebbiano. Bei der Gelegenheit habe ich das bekannte Vorurteil „Rotwein trinkt man bei Raumtemperatur“ über Bord geworfen. Der gekühlte Montepulciano schmeckt, jedenfalls auf dem Hof der Zaccagnini, ganz ausgezeichnet. Dazu gab es frisch gepflückte dicke Bohnen, Schinken, Bauchfleisch, Käse und als Spezialität der Abruzzen direkt vom Grill die leckeren Arrosticini. Begleitet wurde die Weinprobe von Signora Miriana Varalli in Landestracht, die uns eine musikalische Lehrstunde mit der Zampogna incl. Tanzeinlage mit Gästen bot.

Und wo gibt es das? Unser Senior Heinz S. (85) hat Zahnschmerzen, der Backenzahn muss raus. Dank Vermittlung unseres Hotelchefs zieht der mit ihm befreundete Zahnarzt, längst im Ruhestand, in der Guardia Medica in Caramanico am Sonntagabend den Zahn. (Zum zahnärztlichen Notdienst hätten wir 80 km nach Pescara fahren müssen). Und Heinz ist am nächsten Tag wieder voll dabei. Ohne seine profunden Fachkenntnisse, er ist einer der besten Freilandbotaniker, die ich kenne, wäre so manche Pflanze unbestimmt geblieben.

Und noch einmal die Familie des Hotels: Wie am ersten Abend wurden wir auch an den übrigen Tagen nach allen Regeln der Kunst verwöhnt, morgens ein üppiges Frühstück und jeden Abend fünf (!) Gänge, kaum zu glauben, vi ringraziamo per la vostra generosa ospitalità!

Und allen mitgereisten amici d’Abruzzo danke ich, dass sie ohne bleibende Schäden oben aus den Gole dell‘Alento, einer kleinen, aber besonders reizvollen Schlucht der Majella, wieder herausgekommen sind, der Weg war denn doch ein wenig abenteuerlich.

Ohne Enzos sorgfältige Organisation (Flüge, Leihwagen, Hotels) und die persönliche Pflege seiner Kontakte zu den Freunden in Italien hätten wir all das nicht erlebt, grazie, Enzo!

E‘ stato un viaggio meraviglioso. L’anno prossimo ci torneremo, se Dio vuole.

(Bernd Galland)

Die Kommentare sind geschlossen.