Lyrikecke
Neapel
Den Vesuv, doch ohne Feuer,
Seh ich, aber leider solo.
Auf dem vielberühmten Molo
Wandl‘ ich ohne Abenteuer
Auch Gesindel hier, doch ohne
Jene genialen Funken.
Hie und da nur schlafestrunken
Grinst mich an der Lazzarone.
In der Ferne meerumschlungen
Ragt dort Capris felsig Eiland,
Wo Sirenen hausten weiland
Und wo Platen jüngst gesungen.
Eine Barke zieht vom Stapel.
Gähnend schau ich die Gesichter
Zum Beweis, daß selbst ein Dichter
Sich gelangweilt in Neapel.
Heinrich Leuthold (1827-1897)
Ausgewählt von Wolfgang Gerster